Frutigen (Transkription Nr. 1350)

Schulort: Frutigen
Konfession des Orts: reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1455, fol. 99-102v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Oberland
Distrikt 1799: Frutigen
Agentschaft 1799: Frutigen
Kirchgemeinde 1799: Frutigen
Ort/Herrschaft 1750: Bern
Kanton 2015: Bern
Gemeinde 2015: Frutigen
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Frutigen (Niedere Schule, reformiert)

22.02.1799

FREYHEIT. GLEICHHEIT. BEANTWORTUNG über den Zustand der Schulen.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Frutigen.

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

Ein Dorf.

I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

Zu der Gemeind Frutigen.

I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

Zu Frutigen.

I.1.d In welchem Distrikt?

Frutigen.

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

Oberland.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Jnnerhalb des Umkreises der nächsten Viertelstund liegen 165. Häuser; innerhalb des Umkreises der zweyten 25. Häuser; des Umkreises der dritten Viertelstund liegen 35. Häuser.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

||[Seite 2] 1. a. Dorf Frutigen; wo die Schule ist.
b. die Anzahl der Kinder so die Schul besuchen. 110.
2. a. Winklen von zerstreuten Häusern ein Dörflein; ein halbe Stund von der Schule gelegen.
b. Die Kinder so daher kommen 20.
3. a. Oberfeld, Kriesbaum und Prasten, macht zusammen nur ein Dorfschaftle aus; Dreyviertelstund von der Schule.
b. die Kinder so daher kommen 25.

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.
I.4.a Ihre Namen.

1. a. Wengi 2. Schwande Dreyviertelstund.
3. b. Kanderbrügg. 4. Haßle. 5. Reinisch. Eine halbe Stund.

I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

a. Buchstabieren.
b. Lesen.
c. Der heidelbergische Catechismus, von den Psalmen, biblische Historenen s. wird auswendig gelehrt.
d. Singen.
e. Schreiben; Rechnen.
f. Jn der Religion unterrichtet.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

||[Seite 3] a. Jm Winter 20. Wochen alle Werktag
b. Jm Somer, oder übrige Zeit alle Wochen 2. Tag

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

a. Das Namenbuch.
b. Der heidelbergische Catechismus.
c. Die Psalmen.
d. Hübners biblische Historene.
e. Das neue Testament, und die Bibel.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Jch schreibe mit eigener Hand vor.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Von Morgen 9. Uhr bis nachmittag um 2. Uhr ohne Unterbrechen; also 5. Stund.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Nein, eigentlich in keine ordentliche Klaßen.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Der Pfarrer und Vorgesezte haben ihn dem Amtsmann vorgeschlagen, welcher ihn bestätiget hat.

III.11.b Wie heißt er?

Johannes Egger.

III.11.c Wo ist er her?

||[Seite 4] Von Frutigen.

III.11.d Wie alt?

22. Jahr alt.

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

Jst ledig; lebt bey seinen Eltern.

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

2 Jahr.

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Jch ware bey meinen Eltern, und zum Landbau gebraucht; ausgenommen bey drey Monaten war ich in Thun bey einem Schulmeister um zu einem Schullehrer gebildet zu werden, etwas zu lernen.

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Nicht, als alle Feyrtag in der Kirche zu lesen und vorzusingen; und mein Häuslichen Geschäfte.

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?
III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Knaben? 80.
Mädchen? 75.
Summa 155.

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)

Knaben? 25.
Mädchen? 35.
Summa 60.

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

||[Seite5] Ja.

IV.13.b Wie stark ist er?

Wird nachher bestimmt.

IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?

Wahrscheinlich an Stiftungen; und Zusamengelegten Geltern.

IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?

Nein.

IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?
IV.15 Schulhaus.
IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

Ein altes Gebäud; baufällig.

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?
IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Bis dahin wurde sie von dem Kirchengut erhalten.

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

a. An Gelt? wird hernach bestimmt.
b. Getreide und Wein? — Nichts.
c. Holz? Das Dorf Frutigen 2. Klafter Winklen 1.
Oberfeld ist unrichtig, solte auch eines geben.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus
IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?

||[Seite 6] Nichts.

IV.16.B.b Schulgeldern?
IV.16.B.c Stiftungen?

Weilen es unbekannt und in dem Fonds begrifen; so kann es nicht absonderlich bestimmt werden.

IV.16.B.d Gemeindekassen?

Es zahlt jährlich das Dorf Frutigen aus ihrem Dorfsekel apart für die Sommerschule Frank: 37 Sols 10

IV.16.B.e Kirchengütern?

Daraus wird jährlich für das in der Kirche zu lesen und vorzusingen zahlt Frank. 6 Sols 5

IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?

1. Vom Dorf Frutigen von Capital Franken 714 Sols 13 den jährlichen Zins à 4. Procent thut Frank: 28 Sols 11 D. 6.
2. Von Winklen, Capital Franken 41 Sols 4 Den jährlichen Zins a 4. Procent thut Frank: 1 Sols 13
3. Oberfeld, von Capital Franken 235 den Zins, thut à 4 Procent Frank: 9 Sols 8

IV.16.B.g Liegenden Gründen?

Hausgarten, Hofstätle und Allmentbenuzung an jährlich Wehrt Frank: 20

IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)

An Ursprünglichen alten Capitalien Franken 900 den Zins davon à 5 Procent (das aber nach üblichem gebrauch von 5 Franken Zins, 8. Sols zuruck gegeben wird, nach Abzug) Frank: 41 Sols 8
Summa Capitalia. Franken 1890 Sols 17
Die Summa von diesen Capitalia den Zins, samt übrigen ganzen SchulEinkommens, betragt also in allem Frank: 144 Sols 15 D. 6.

Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

||[Seite 7] ANMERKUNGEN.
1. Jn dem 2.ten Artikel ist zu bemerken, daß es eigentlich nicht nicht so viel Häuser; sondern Feurstöcke sind.
2. Jn den 5ten Artikel e. ist zu bemerken, daß ich im weitläufigen Rechnen, und etwa Briefschreiben, und desgleichen, unmöglich behörigen Unterricht bey dem allgemeinen Schulhalten ertheilen kann; indem es ohne das, in so verscheidenen Methoden eine überaus große Mühe erfordert. Also habe ich aus gutem Willen, offentlich laßen kund thun: nach der gewohnten Schule alle Tage unentgeltlich Lection darin zu ertheilen.
3. Ueber den 12ten Artikel ist zu merken, daß niemals 155. Kinder auf einmal die Schule besuchen; sondern im
a. Winter Knaben 20 bis 70. Mädchen 10 bis 60. Die kleinste Anzahl 30. die gröste 130.
b. Jm Sommer Knaben 2. bis 20. Mädchen 4. bis 25. Die kleinste Anzahl 6. gröste 45.
4. Jm 15ten Artikel ist zu merken: Daß die ganze Gemeind Frutigen von alters har, auch Ansprache an der Dorfschul macht.
5. Ueber den 16ten Artikel ist zubemerken: Daß das Gelt auf Anstrengung des jezig-hiesigen Pfarrer Jäggis, zu einer beßern Schulanstalt, und Verbeßerung des geringen Schullohns, anno 1795. et 1796. von den Hausvätern ist zusamengelegt worden; dabey aber von den 2. Dörfern Winklen und Oberfeld, der Vorbehalt geschechen: Daß sie ihre Titel in ihren Händen behalten wollen; und im Fall ihre Kinder in eine andere Schul gehen wurden, ihr Zusamenschuß zurück ziehen zu können; ansonsten es auch zum Fonds wäre gerechnet worden.

Unterschrift

Republikanischer Gruß. Frutigen den 22ten Hornung 1799. Johannes Egger Schulmeister.

Zitierempfehlung: