Diessenhofen (Transkription Nr. 977)

Schulort: Diessenhofen
Konfession des Orts: gemischt konfessionell
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1456, fol. 179-181v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Schaffhausen
Distrikt 1799: Diessenhofen
Agentschaft 1799:
Kirchgemeinde 1799: Diessenhofen
Ort/Herrschaft 1750: Gemeine Herrschaft Thurgau
Kanton 2015: Thurgau
Gemeinde 2015: Diessenhofen
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Diessenhofen (Niedere Schule, reformiert)

BÜRGER MINISTER! Sehr willkommen mußte mir die Aufforderung jener Fragen, über den Zustand der Schulen seyn, als ich eben im Begriffe war, eine derartige Schrift zu verfertigen darinn die ganze Lage derselben zu schildern, und die freylich von Anfang an, eben nicht viel Angenehmes für mich gehabt: Als mir unerwartet vom B. Stadthalt. jene Aufforderung zugeschikt wurde. Um wie viel freudiger mußte es für mich nun seyn, selbst darzu aufgefordert zu werden, da ich sonst leicht nacher wieder muthlos geworden wäre, und solches unterlaßen habe, Dieser Aufforderung nur gemäs, will ich das Thema in seine Bestandtheile detailliren.
Diese Detaillisierung habe in Paragraphen abgetheilt, und jene Artikel die mit Buchstaben bezeichnet, im Paragraphen selbst erläutert, und angeführt.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Der Ort meiner Schule heißt Dießenhofen; ist ein kleines Städtchen, von etwa 200 Haüsern; ein eigener Distriktsort, gehörig zum Kanton Schaffhausen.

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

ist ein kleines Städtchen, von etwa 200 Haüsern; ein eigener Distriktsort, gehörig zum Kanton Schaffhausen.

I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?
I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?
I.1.d In welchem Distrikt?

ein eigener Distriktsort, gehörig zum Kanton Schaffhausen.

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

gehörig zum Kanton Schaffhausen.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Die Gränze der zum Schulbezirk gehörigen ist die Stadt selbst, außert ein Paar einschichtigen Häüsern, als: innerthalb des Umkreises der nächsten Viertelstunde ||[Seite 2] ist 1 Haus, innerhalb der zweyten 2 Häüser, od. Höfe.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

Die Namen derselben sind: die obere Bleiche, im ersten Umkreis; denn der Hoff zu Schupfen, und zu Kundelfingen welche die Kinder im Haus unterrichten.

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.
I.4.a Ihre Namen.

Die Orte in dem selben sind: Schlatt 1 Stunde entfernt, macht drey Dörfer aus, darinn 2 Schulen sind. Basendingen und Schlattingen, jedes 1/2 Stund entfernt

I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

Außert der alten Methode, als Lesen, Schreiben, ist mir aufgetragen worden, MORALISCH-PHYSISCHE Katechisationen über den Rochow'schen Kinderfreund zu halten, worzu aber viele Vorerkenntniße gehörten, und ich in diesen gleichsam noch fremd war, so war mir der würdige Lerer und Helfer Bühl in Hemishofen angewiesen, der mir dann einige Wochen darinn Unterricht gab; nachher mich selbsten mit Hülfsmitteln bereicherte, um mich darinn zu vervollkommnen, welches mir aber viel Zeit und Kosten verursacht. Dies Alles that ich als Menschenfreünd, und werde gleichsam Martyrer! Mein Unterricht in diesem fach war vielen, mehr- und minder Einsichtvollen ein Stein des Anstoßes, weil sie etwa glaubten, die nächste Generation möchte von vielen Dingen und Sachen richtigere Begriffe fassen Sie wollten das so wohlthätige Liecht der Aufklärung aufhalten; das aber jezt dem ohngeachtet, glänzend durchgebrochen, und glänzend fortläüchten wird! Daß ich aber durch vielen Lejden ausgesezt wurde. Doch das Könftige söhnt mich gleichsam wieder, für jene Lejden aus! Nun steh' ich unter dem Schuz, gerechter, weiser, und für die ||[Seite 3] Aufklärung des Volks eifrigst ergebener Gesezgeber. Jch hoffe von Jhrer HUMANITET, Sie werden mich sowol als andere, deren es noch so Viele giebt, welche sich unter so saurer mühevoller Arbeit, ihr Leben durchbringen müßen, auch in Etwas angenehmer und süßer zu machen suchen werden!

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die Meinige geht Sommer und Winter fort.

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

Für die erste od. oberste Klaß, ist das Testament und der Rochow'sche Kinderfreünd. für die zweyte, der Lehrmeister, und für die dritte, das Namenbüchli von B. Helfer in Hemishofen verfertiget.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Da ich nur die jüngere Hälfte der Kinder ha so schreibe ihnen nur die Anfangsgründe, und Buchstabe, doch auch oft komt das fleißige so weit, das ihme Vorzedel vorgelegt werden, deren Jnhalt moralische Verse sind.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Von Morgen 9-11 und Nachmittag von 12 bis gegen 2 Uhr.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Ja, in drey Klaßen

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Meine Schullehrer-Stelle ist mir vom ganzen ehmaligen CONSISTORIALRATH übertragen worden, als zweyter Lehrer die jüngere Hälfte der Kinder zu unterrichten, mit der Versichrung, nach dem Tode des Andern, die erste Stelle zu be [Text endet abrupt]

III.11.b Wie heißt er?

Andreas forster

III.11.c Wo ist er her?

Von Dießenhofen.

III.11.d Wie alt?

Mein Alter ist 32 Jahr.

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

Ohne familie, ud. ohne Kinder.

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

Denn der geringe Schullohn macht es nicht aushalten; und schon mußte beynahe 10 Jahre, mit diesem vorlieb nehmen.

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Eben war ich im Begriff bald von meiner Vaterstadt zu verreisen, da ich die Petschaftstecherkunst erlernt hatte, als ich zu einem Lehrer einer neüen Schulanstalt erwählt wurde, ||[Seite 4] und dieser neüe Beruf für mich sehr annehmlich gemacht wurde, mit der Überzeügung ich könnte ja nebenbey noch etwas verdienen; aber nachher fand ich, das dies nicht so eintraf wie ich wohl glaubte, weil die beste Zeit in der Schule vorüber gieng, und besonders im Winter nichts mehr zu arbeiten war. Und also auch in dieser Rüksicht zu kurz kam.

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?
III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

Die Anzahl meiner Schulkinder beläuft sich in der vollsten Zahl auf 50. Die Schule wird Sommer und Winter fortgesezt; außert der Erndt- und Herbstferien. Knaben u. Mädchen gleich

III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)
III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)
IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

Es ist kein eigener vorhanden, sondern meine Besoldung fließt aus verschiedenen FONDS

IV.13.b Wie stark ist er?
IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?
IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?
IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Nein.

IV.15 Schulhaus.
IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

Deßen Zustand ist neu besteht in einem ganzen Gebäü, wovon ich aber nur die Schulstube brauchen darf. Das Andere besteht in Bestall und solches der obere Schulmeister anspricht, weil es ihme ehedem schon bewilligt wurde. Weil nun über das in diesem Gebäü nicht zu wohnen ist, so muß ich also schon wieder in einem eigenen wohnen, daß etwa 300 Schritt entfernt ist Und so erhalte ich denn auch wieder kein Hauszins. So muß in Allem zusehen, konnte nichts erhalten, wann es auch noch so billig war! Das Gebäüde zu unterhalten besorgten die Schulherrn.

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?
IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?
IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

Meine ganze Besoldung besteht in einem Bischen baarem Geld. Die ganze Summe bestehed Anfangs bloß in 8 Dublonen dann wurden in einigen 2 zugelegt, und endlich noch eine, erst so mußte mich begnügen laßen. An Getrayde wurde mir kein Körnchen gegeben. An Wein wieder nichts — und endlich auch an Holz — wieder nichts.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus

||[Seite 5] Diese meine Besoldung fließt also ganz aus verschiednen FONDS, als: 5 Dubl. dem KOLLEKTFOND; 4 Dubl. dem SPITTALFOND; 1 aus dem Siechenamt; und 1 aus dem Spengamt.

IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?
IV.16.B.b Schulgeldern?
IV.16.B.c Stiftungen?

||[Seite 5] Diese meine Besoldung fließt also ganz aus verschiednen FONDS, als: 5 Dubl. dem KOLLEKTFOND; 4 Dubl. dem SPITTALFOND; 1 aus dem Siechenamt; und 1 aus dem Spengamt.

IV.16.B.d Gemeindekassen?
IV.16.B.e Kirchengütern?
IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?
IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

Nun wäre also diese Detaillisierung vollendet, und beschloßen. Nach diesem ließ mich Alles vermuthen künftighin freüdiger in meinem Beruff zu arbeiten. Jch faßte gleichsam neüen Muth, da überdies noch das Gesetz alle Schullehrer vom Militär frey sprach wie sie auch nuer frey waren; als ich unverhofft da, zu aufgefordert — und mit der gesamten jungen Manschaft eingeschrieben worden — welches dann mir wieder Alles verdunkelte.

Unterschrift

Zitierempfehlung: