Ermatingen (Transkription Nr. 793)

Schulort: Ermatingen
Konfession des Orts: gemischt konfessionell
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1463, fol. 203-206v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Thurgau
Distrikt 1799: Gottlieben
Agentschaft 1799: Ermatingen
Kirchgemeinde 1799: Ermatingen
Ort/Herrschaft 1750: Gemeine Herrschaft Thurgau (Gerichtsherrschaft des Konstanzer Bischofs)
Kanton 2015: Thurgau
Gemeinde 2015: Ermatingen
In dieser Quelle werden folgende 2 Schulen erwähnt:

17.02.1799

BEANTWORTUNG DER FRAGEN über den Zustand der Schule in Ermatingen.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Der Name dieses Ortes heißt Ermatingen, und

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

ist ein Fleken,

I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

eine eigene Gemeine; darinnen,

I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

eine eigne Kirche, Agentschaft, und gehöret zum

I.1.d In welchem Distrikt?

Distrikt Gottlieben,

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

Canton Thurgau.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Dieser Fleken ist, von Morgen gegen Abend circa 1/4 Stund in der Länge. Die Schule wird dermalen nur allein von hießigen Kindern besucht, von denen 3/4. die entferntern, 1/4 aber die näheren bey der Schule sind.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

Die zum Schulbezirk gehörigen Dörfer und Höfe sind: Fruthweilen, Manenbach, Höfe Lanterschweilen und Henweilen.

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und

Fruthweilen ligt entfernt 1/4 Stund
Manenbach ligt entfernt 1/2 Stund
Henweilen und Lanterschw. 1/4 Stund

I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.

Von diesen 4 Orten gehen, wie oben gemeldet, keine Kinder hieher in die Schule.

I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.

Die benachbarten Schulen sind:
||[Seite 2] Trüboltingen, Distrikts-Ort Gottlieben, Tägerweilen, Weldi, Raperschweilen, Salenstein und Berlingen.

I.4.a Ihre Namen.
I.4.b Die Entfernung eines jeden.

Trüboltlingen ist von hier entlegen 1/2 Stund
Gottlieben ist von hier entlegen 1 Stund
Tägerweilen ist von hier entlegen 1 Stund
Weldi ist von hier entlegen 1 Stund
Rapperschw. ist von hier entlegen 1 Stund
Salenstein ist von hier entlegen 1/4 Stund
Berlingen ist von hier entlegen 1 Stund

II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

Jn der Schule wird gelehret: Buchstabieren, Lesen, Schreiben, Rechnen, Singen, auch Anfangsgründe in der Music.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die Schule wird das ganze Jahr gehalten, (ausgenohmen 14 Tage zur Herbstzeit.)

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

Schulbücher sind bis anhin gebraucht worden: Für Buchstabierende, Namenbüchly, Fragst., Lehrmeister Für Lesende: Lehrmeister, Psalter, Zeügnussen, Testament, Zeitungen, Moral-Geschicht und andre Bücher, je nach dem der Hausvater sein Kind damit versehen hat.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Die Vorschriften werden den Kindern meistens aus dem neüen Zürcher-Gesangbuch gemacht; und wann das Kind hinlänglich corrent schreibt, werden ihm auch Fraktur und lateinische Vorschriften vorgelegt.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

||[Seite 3] Die Schule dauert von Morgen 8 Uhr bis 11 Uhr, und Nachmittag von 1 bis 4 Uhr. Sommerszeit wird auch von Ostern bis Bartholome eine Morgenschule gehalten. Jhre Dauer ist: Von Morgends 5 bis 8 Uhr. Jn diese gehen meistens Kinder, die die gewöhnliche Schule nicht mehr besuchen.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Die Kinder sind in keine Klaßen getheilt; obgleich mein Wunsch schon lange dahin gegangen, so habe doch denselben, wegen verschiedenen Büchern nicht erreichen können.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Bis anhin ist ein Schullehrer, a. von einem ehmaligen kleinen Rath allhier, mit Zuzug des Herrn Pfarrers, nach vorher gegangenem Examen, bestellt worden.

III.11.b Wie heißt er?

Sein Namme heißt: Jacob Geiger,

III.11.c Wo ist er her?

von Ermatingen,

III.11.d Wie alt?

alt 32 Jahre,

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

ledigen Standes,

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

ist Schullehrer 14 Jahre,

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

ist vorher nirgendswo gewesen, hat auch keinen Beruf getrieben, und

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

hat neben dem Lehramte gar keine andere Verrichtungen.

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

||[Seite 4] Schulkinder befinden sich auf der Listen überh. 120. Von diesen aber kommen ein mehr zusamen, als:

III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Jm Winter höchstens Knaben 60 Mädchen 40 [Summa] 100.

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)

Jm Sommer höchstens Knaben 35 Mädchen 25 [Summa] 60.

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

An Schulfond (Schulstiftungen) sind vorhanden: Bey B. Schulpfleger Gottfried Merkly fl. 2783
bey B. Zolikofen im Schloß Hard 400 zusammen f. 3183

IV.13.b Wie stark ist er?
IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?

Diese Capitalien sind Vermächtnisse von Verstorbenen, die sich nach und nach auf bemelte Summe geäüfnet.

IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?

Der Schulfond ist mit dem Kirchen und Armengut nicht vereiniget.

IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Jeder Hausvater, der Armuth halber von besagten Stiftungen keinen Gebrauch machen muß, zahlt von jedem Kind, das er in die Schule schiket, wöchentlich 3 xr.

IV.15 Schulhaus.

Das Schulhaus, ein Gemeindhaus

IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

ist alt; jedoch 1781 renovirt worden.

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?

Jn demselben ist nur eine Schulstube, die in besagtem 81ger Jahr im obern Stokwerk, aus 2 Zimmern ganz neü erbauen worden.

IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?

||[Seite 5] Der Lehrer bewohnet das Schulhaus als Gemeindhaus allein, und kann folglich keinen Hauszins fordern; auch er ist davon frey.

IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Jeder Schulpfleger muß für die Schulwohnung sorgen und im baulichen Stand erhalten.

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

Das Einkommen des Schullehrers bestehet aus Geld und einem gedoppelten Hau aus dem gemeinen Wald.
Dieses wird auf folgende Weise bezogen:
a. Von jedem Kind wöchentlich 3 xr., beträgt nach genauer Ueberzählung Jährlich fl. 170.
b. Von obbeschriebenen Stiftungen hat jeder Schullehrer jährlich zuerheben, Wartgeld fl. 53; 44 xr. NB. Dagegen muß er aber 18 Kinder unentgeldlich in die Lehr nehmen.
c. Von dem fl. 400. Capit. die bey Bürger Zolikofer stehen, werden (so wie von ersteren fl. 2783.) nur 4 Pro-Cento bezahlt, hiemit dem Schullehrer fl. 16:
zusammen fl. 239; 44 xr.
NB. Für diese besagten fl. 16. muß er wieder 17 Kinder am Wochenlohn lehren.
Die übrigen aus den Schulstiftungen entspringenden Interessen sind bestimmt: das Schulhaus zu unterhalten, ||[Seite 6] die bey dem jährlichen Schull-Examen vorfallenden Kösten zu bestreiten, den Schulpfleger zu befriedigen u.s.w.
Ein hießiger Schullehrer hat ohne dem Besagten keine Einkünfte weder an Getraide, Wein, Zehnten, Gemeindskaßen, Kirchengütern, liegenden Gründen, noch andern Fonds zubeziehen.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus
IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?
IV.16.B.b Schulgeldern?
IV.16.B.c Stiftungen?
IV.16.B.d Gemeindekassen?
IV.16.B.e Kirchengütern?
IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?
IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

Anmerk. Aus dieser Beant{wor}ung der vorgelegten Fragen ist leicht zu sehen, daß die Belohnungen den Geschäften des Schullehrers nicht so sehr angemeßen; besonders wenn man bedenkt, daß ein Schullehrer von besagtem Interesse des bey Bürger Zolikofer stehenden fl. 400 haltenden Capitals jedes angenommene Kind Sommerszeit um 2 xr. lehren muß; und so der Jahr- Conto die Summe von fl. 16 übersteigt, das übrige, insofern es nicht aus Gütigkeit bezahlt wird, verlieren muß.

Unterschrift

Dem BÜRGER MINISTER DER KÜNSTE UND WISSENSCHAFTEN bezeüget, NEBST GRUSS und HOCHACHTUNG , die Ächtheit die Beantwortungen.
Ermatingen den 17 ten Febr.
1799. Jacob Geiger Schulmeister

Zitierempfehlung: