Lützelflüh (Transkription Nr. 743)

Schulort: Lützelflüh
Konfession des Orts: reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1431, fol. 158-161
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Bern
Distrikt 1799: Niederemmental
Agentschaft 1799: Lützelflüh
Kirchgemeinde 1799: Lützelflüh
Ort/Herrschaft 1750: Bern
Kanton 2015: Bern
Gemeinde 2015: Lützelflüh
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Lützelflüh (Niedere Schule, Repetierschule, reformiert)

28.02.1799

BERICHT:
Über den Zustand deß Schulwesens der Gemein Lüzelflüh.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Die Schul ist im Dorfe Lüzelflüh.

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

ein Pfar-Dorfe.

I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

Hauptort und Agentschaft, der eigennen Gemein Lüzelflüh.

I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?
I.1.d In welchem Distrikt?

Distriktgericht Nieder Ementhal.

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

Canton Bern.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Jnnerhalb der nächsten viertelstund ligen 61. innerhalb des Umkreises der zweiten viertelstund 36. und innerhalb des Umkreises der driten viertelstunde 15. überal mehr kleine als große Häuser.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.
I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.

Die Schul zu Grünenmat, enfernt von Lüzelflüh ein kleine Stund. Ranflüh, ein große Stund. Oberried, ein Stund. Lauterbach, ein entfernter Fleken, zwey Stund. Die obigen Schulen ligen in hiesiger Gemein Lüzelflüh Denne, Haslj ein Stund Rügsau. ein Stund. Rügsbach. ein Stund. Rüderswyl ein Stund.

I.4.a Ihre Namen.
I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

||[Seite 2] Die Kinder lehrnen in hiesiger Schule: Buchstabieren, Lesen, Schreiben, Singen der Psalmen und Festlieder, auswendiglehrnung des Heidelbergischen Katechismus, und einiger Psalmen, und Festlieder, und Unterweisung in den Anfängen der Religion und Sitten.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die Winter Schule wird gehalten, von anfang Wintermo. bis end Merz 5. Monat, im Somer alle Samstag Rependier Schul.

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

SCHULBÜCHER. zum anfang im Buchstabieren: Das Berner Namenbuch; zum Lesen auswendiglehrnen, und Unterweisen: der Heidelbergische Katechismo, Das Psalmenbuch, und Hübners Biblische Historien zum Lesen allein; noch andre vermischte Bücher.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Die Vorschriften zum Schreiben, macht der Schulmeister selbsten so gut er kan.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Die Schul daurt täglich, Morgens von 8. bis 10 1/2 und 11. Uhr Nachmittags von 12 1/2 bis 3. und 3 1/2. Uhr.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Die Kinder sind so in Klaßen getheilt: 1. Buchstabier, 2. Leser, 3. Die Schreiber 4. Die den Katechismus auswendig könen 5. Die Singer.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Der Pfarer, und die Vorgesezten haben den Schulmeister bestelt, aus ihren Gemeindeangehörigen, um eine geringe Besoldung er möchte Tüchtigkeit besiezen, oder keine.

III.11.b Wie heißt er?

||[Seite 3] Der jezige Schulmeister Christen Siegenthaler.

III.11.c Wo ist er her?

Von Lüzelflüh gebürtig.

III.11.d Wie alt?

Von 1744. geht im 55.ten Jahr.

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

Er hate einmahl weder Frau, noch Kinder,

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

Hat die Schule seint 1775. hiemit 24. Jahr besorgt.

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Er wonte vorher auf dem Bolzisberg, einem in hiesiger Gemein liegenden kleinen Berggütlj, sein Beruf ware unter seiner Eltern Brot der Landbau.

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Neben der Schul verrichtet er den Siegerist Dienst, Spielt die Kirchen Orgel, und Schreibt die Gemein, oder Munizipalität Sachen.

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

Die anzahl der samtlichen Schulkinder betraget. 108. Knaben, und 90. Mägdlein, zusamen 198.

III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Die besuchung der Schule ist sehr unbestimt, im Winter je nach der Witerung, und Laune der Kinder von 60. 80. bis 100. Kinder.

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)

Jm Somer an den Rependiertagen weniger 20. 40. bis 50.

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)

Unter diesem Namen hier nichts.

IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?
IV.13.b Wie stark ist er?
IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?
IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?
IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Unter diesem Namen hier nichts.

IV.15 Schulhaus.
IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

Das Schul- oder Gemeinhaus ist 1776. neu erbauen 23. Jahr alt, noch in gutem Stand.

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?
IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Die Kirchgemein hat bis dato, die Schulhäuser neu gebauen und Repariert.

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

||[Seite 4] An Gelt jährlich kr. 16. freye Behausung, dazu Erdrich für anpflanzung der Erdspeisen an wehrt ohngefehr kr. 16. Gedreit, nichts Holz nur für die wärmung der Schulstuben; des Winters bey 3. Klafter, für den Hausbrauch, mus er das nöthige Brenholz kauffen.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus
IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?

hier nichts

IV.16.B.b Schulgeldern?
IV.16.B.c Stiftungen?
IV.16.B.d Gemeindekassen?

Gemein Kaße, hier der Gemeine Sekel genent, Darein fließen; Die Zinsen von dem wenigen Kirchengut vor der Revoluzion auch die Einzug- und Hindersäsgelter, (jez daher nichts) Das noch manglende, oder des Sekelmeisters Restanz, mußte von den Partikularen durch Anlag und Tällungen erhoben werden. Aus dieser Kaße, oder Sekel müßen die Schulmeister Besoldungen und summa alle gemeinen Ausgeben bezalt werden. Weiter sind hier zur erhaltung und Besoldung der Schulen keine Quellen.

IV.16.B.e Kirchengütern?
IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?
IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

ANMERKUNGEN.
Aus dem Grunde, das die Gemeinen Ausgaben meistens durch Tällungen müssen zusamen gelegt werden, und die Gemein in viele Verstreute Berg- ||[Seite 5] Berghöflj und Fleken vertheilt, daher mehrere kleinere Schulen nöthig sind, werden die Schulmeisterlöhne sehr gering bestimt, das mann dafür keine Erfahrne tüchtige Lehrmeister findet. Die Schulen sind so, in Elendem Zustande, die Kinder lehrnen nicht einmahl recht Buchstabieren, Lesen, und Schreiben, an die Bildung des Verstandes und Herzens wird niemahl gedacht, so sind ihre Talente gänzlich begraben, und wird die Sach so gehen: Wen ein Blinder den andern führet, so fallen sie beide in die Gruben.
Die Erziechungsanstalten, sind auf dieser Erden eines von den wichtigsten Geschäften, und ist eine daherige Verbeßerung in allweg sehr nöthig. Die Schullehrer solten durch frühern Unterricht Vorbereitet, die Besoldung dem Dienst gemäßer, und die Schulbücher Verbeßert werden.
Der Heidelbergische Katechismo, ist für alte erfahrne ein sehr gutes Buch, aber für Kinder viel zuweitläuftig, die Disputier Fragen, sind in unsern Zeiten unnüz, andere schwere Fragen könen die Kinder nicht Verstehen, sie finden so keine Lust daran, und ist das sehr beschwerliche auswendig lehrnen desßelben bald wieder Vergeßen, und ||[Seite 6] und hiemit Vergebens. Den Lehrnen und es nicht Verstehn, Heißt so viel als Müssig gehn.
Ein Lehrbuch für Kinder währe zu wünschen: Darin die Lehren von Erkentniss und Verehrung der Gottheit, von der Bestimung des Menschen, den Bürgerlichen Pflichten und Siten, kurz, deutlich, leicht faßlich, schön und anmuthig Verfasst würden, mit anhang einiger kurzen guten, Morgen, Abend, Schul, und Unterweisung Gebätern, und Liedern, damit das Kind an diesem Lehrbuch rechte Freud und Vernügen haben könte, und ihme für sein Lebtag nüzlich würde.
Da aber bey dem Volk überhaupt, jede Enderung für Böse angesehen, so mus mann mit der Verbeßerung in allweg säuberlich und Vorsichtig zu Werke gehen. Die Verbeßerten Schulbücher müßten anfangs mit und neben den alt eingeführt werden. Und wen einstweilen die die Schulen in den Pfardörfern besser bestelt sind, so könten mit der Zeit die kleinern Berg, und neben Schulen, auch dahin geleitet werden
Die verbeßerung des Schulwesens würde zwar bey uns Hinderniße finden das Volk überhaupt haltet wenig auf Religion, Gelehrsamkeit und Siten, viele halten ihre Kinder sehr wenig andere gar nichts zur Kirche und Schule ||[Seite 7] Schule, und bey Hause weder Lehr noch Zucht, oder spielen die Kinder gar den Meister, da siehet es Wild aus, das ein rechter Lehrer anfänglich wenig ausrichten wird, oder kann. Allein wen die öffentlichen Erziechungsanstalten, in rechte Ordnung gebracht würden, und sich die Kinder so dieselben fleißig besuchten, Vor andern auszeichneten, so würde die Sache mit der Zeit immer besser gehen. Damit genug, deßen wenig Wort und mehr Werke.

Unterschrift

Lüzelflüh den 28. Hornung 1799.
Chr. Siegenthaler Schulmstr.

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