Lustdorf (Transkription Nr. 689)

Schulort: Lustdorf
Konfession des Orts: reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1463, fol. 101-104v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Thurgau
Distrikt 1799: Frauenfeld
Agentschaft 1799: Aufhofen
Kirchgemeinde 1799:
Ort/Herrschaft 1750: Gemeine Herrschaft Thurgau (Gerichtsherrschaft des Konstanzer Bischofs und der Stadt Zürich)
Kanton 2015: Thurgau
Gemeinde 2015: Thundorf
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Lustdorf (Niedere Schule, reformiert)

22.02.1799

ANTWORT auf die 16 Fragen, UEBER DEN ZUSTAND DER SCHULEN.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Der Namm des Orts, wo die Schule ist, heißt Lustdorff.

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

Es ist ein Dorf.

I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

Auch ists eine eigne Gemeinde.

I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

Weil wir aber keinen eignen Agent haben, so sind wir an die Agent schafft Aufhofen angestoßen.

I.1.d In welchem Distrikt?

Wir gehören zu dem District FRAUENFELD.

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

Jm Kanton TURGÄÜ.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Zu dieser Schule gehören nach drei 3 kleinere Dörfer, nebst 5 Höfen.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

Das erste zu hießiger Schul gehörige Dorflein heißt Weziken, 1/4 Stunde von hier, hat Circa 20 #R:## Haushaltungen, dermahlen besuchen 10 Kinder die Schul.
Das 2te, 1/8 Stund von hier, heißt Wolfiken, hat Circa 12 Haushaltungen, dermahlen besuchen 9 Kinder die Schul.
Das 3te, 1/4 Stund von hier, und heißt Struweilen hat 19 Haushaltungen, dermahlen besuchen 21 Kinder die Schul.
Der erste zu hießiger Schul gehörige Hof heißt Heßenbohl, kein halb Viertl Stund von hier, hat 2 Haushaltungen, dermahlen besuchen 3 Kinder die Schul.
Der 2te Hof heißt Wald Hof, 1/8 Stund von hier, Hat 3 Haushaltungen, dermahlen besuchen 5 Kinder die Schul. Der
||[Seite 2] Der 3te Hof heißt Bietenhart, 1/4 Stund von hier, hat 2 Haushaltungen, dermahlen besuchen 3 Kinder die Schul.
Der 4te Hof heißt Held, 1/4 Stund von hier, eine Haushaltung, dermahlen besuchen 5 Kinder die Schul.
Der 5te Hof heißt Grub, 1/8 Stund von hier 2 Haushaltung, dermahlen keine Kinder.
Die hießige Gemeind sebst Bestehet aus 30 Haushaltungen, und besuchen dermahlen 32 Kinder die Schul.

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.

Die meisten benachbarten Schulen sind zimlich weit entfehrnt. Die erste gegen Morgen, in der Gemeind Amliken, 1 1/2 Stund von hier; Dan auf der Mittag seiten 3 Schulen, in den Gemeinden Afeltrangen, Lomis, und Stetfurt, auf jedes Ort eine Stund, Gegen Abend eine Schul in der Gemeind Thundorf, 1/2 Stund von hier. Auf der Mittnacht seiten sind 4 Schulen, in den Gemeinden, Welhausen, Mettendorf, Heütlingen, und Horenweilen, {f Stund} auf jedes Ort 1 {f} Stund.

I.4.a Ihre Namen.
I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

Jn hießiger Schule wird gelehrnt Lesen, Schreiben, Rechnen, und Singen, auch können liebhaber auf der violin u: Basset zu Spielen, unterricht erhalten.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die Schule Winterszeit 16 Wochen gehalten, Jm Sommer aber {wird} jede Wochen nur ein Tag.

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

Die eingeführten Bücher sind diese, das a.b.c., Büchlein, der Catechismus, das zeügnus Buch, das Psalmen Buch, und das Neü Testament, dan werden die Schüler zum Zeitung, und Brief Lesen angehalten: Zum ußwendig lernen, ist nebst dem dem Catechismus das Waserische Schul-Büchlein eingeführt; Jch habe auch den Lehrmeister, über die Verfaßung des helvetischen Freystaats, von LEOHNARD MEISTER, angeschafft, aus welchen den Kinde ||[Seite 3] deren alle Wochen ein, oder 2 Abschnitt vorgelesen, und nach bester möglich {keit} erklärt werden, damit den Kinderen die Neüe helvetische Staats Verfaßung auch einicher Maßen bekant werde; Zum Rechnen ist das Lindauer Rechenbuch eingeführt; Zur Music, sind nebst den Psalmen Davidts, eingeführt, des Joh: Caspar Bachofens Gesang Buch. Des PFAHRER SCHMIDLINS Gesangbuch; Schweizer Lieder, #u.##

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Mit den Vorschrifften wird es von mir auf folgende weis gemacht. Die anfänger lehrne ich erstens den Grund- strich ziehen (/) welches der anfang aller Buchstaben ist, dann dieses (w) (o) (a) u s w. bis sie zum Hauptzug aller 24 kleinen Versalien gelangen, diesen Schüleren wird im anfang die Hand gezogen, den minderfähigen aber mit einem Bleystifft vorgeschrieben, damit sie solches mit der Dinten ueberfahren bis sie den Zug begriffen; dann werden ihnen ein Silbige; dann 2 Silbige wörter vorgeschrieben, u. s. w. bis ich glaube sie seyen Fähig eine Größere Vorschrifft abzuschreiben, dann werden sie zum ußwendigschreiben angeführt.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Die Schul soll Täglich 6 Stund gehalten werden, sie wird aber 7, bis 7 1/2 Stund gehalten.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Weil ich dieser Schul noch nicht lang vorgestanden, und ehdem eine schlechte einrichtung war, so das ich jetzt noch nicht allen Elteren beibringen kan, daß die so zu gleicher Clas gehören, gleiche Bücher haben müßen, allso noch nicht völlig in Classen gebracht.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Der Schullehrer ist bisher (Weil die hießige Schul die Haupt Schul der ganzen Kirchen ist) auch von der ganzen Kirchen Gemeind bestelt worden. Ehdem war ein Schullehrer allhier für lebenlänglich angenohmen, ich aber nur für 6 Jahr, wann ich aber nicht einer beßeren inrichtung entgegen sähe ||[Seite 4] sähe, so wünschte ich, das ich sie niemahl angenohmen hette.

III.11.b Wie heißt er?

Jch heiße Caspar Riethmann.

III.11.c Wo ist er her?

Jch bin ein Bürger hießiger Gemeind Lustdorff.

III.11.d Wie alt?

Jch bin Circa 41 Jahr alt.

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

Jch habe 6 Kinder.

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

Jch bin schon 11 Jahr Schullehrer.

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Vorher war ich 5 Jahr in der Evg: Gemeind Hosenrug, der Pfarrey Schönholzersweilen Schullehrer, darnach wurde ich von SR: WOHL EHRWÜRDEN, BÜRGER PFARRER, SALLOMON AB EGG, auf Schönholzersweilen zu der Haupt Schul beruffen, welcher ich auch 4 Jahr vorgestanden, bis ich von den Bügeren hießiger Gemeinde genöthiget worden bin die hießige Schul anzunehmen.

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Jnnert den zur Schul bestimten 16 Wochen, nimme ich ohne Noth keine andere Verrichtung an; dann sind meine verrichtungen meistens Güter Arbeiten.

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

Die meiste Zeit besuchen die hießige Schul 55 Kinder. P.S. Weil aber noch 2 nebend Schulen sind, namlich eine zu Weziken, und eine zu Struweilen, und die erste 10, und die 2te 12 Wochen daurt, nach beendigung derseben aber die meisten Kinder hieher geschikt werden; so ist die Schul danzumahl 75 bis 80 Kinder stark: Dan wird die Arbeit einem Schullehrer vast zu überlegen, und zu beschwährlich. a. wegen zuwenigem Plaz. b. Weilen diese erst zu gekommnen Kinder meistens Schlecht Sittuirte, und von einer Schul Ordnung nichts wißende Kinder sind. c. wegen schlechter Besoldung, dan ohne einen Parestat kan sie dan nicht gehalten werden. ||[Seite 5] Jn diesem fahl wahre es der Allgemeine wunsch hießiger Bürgeren, daß im ganzen nur eine Schul wäre. a. weil es ehdem auch nur eine war. b. weil auf diese Art der Schulunterricht Gleichförmiger und beßer eingerichtet werden könte, C. Weil man eher im stand währe ein Schul-Haus zu errichten. Und d. weil man den Schullehrer beßer Besolden könte.

III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Von den 55 Kinderen sind im Winter 25 Knaben 30 Mädchen

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)

Jm Sommer überhaupt 24, worunter Circa. 8 Knaben 16 Mädchen

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)

Von dem Schulfond ist mir wenig bekant.

IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

Es ist etwas der gleichen vorhanden.

IV.13.b Wie stark ist er?

Aber wie Stark es sey ist mir unbekant

IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?

Seine Einkünfte fließen so vil ich vermuthe aus Capitalien.

IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?

Ob es mit, dem Kirchen und Armen Gut vereinigt sey, ist mir auch nicht bekant. P.S. Dieses könte am besten von den Kirchen, und Steür Pflegeren beantwortet werden.

IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Schul Geld ist keins eingeführt.

IV.15 Schulhaus.

Ueber diese 4 Fragen kan ich ganz kurz antworten.

IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

Ein Schul Haus hat man hier keins.

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?

Auch keine eigne Schülstuben.

IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?

Der Schullehrer hat die Schul in seiner eignen Stuben, erhelt aber kein Hauszins.

IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Man laßt auch den Schullehrer selbst sorgen wie er sein Haus in Baulichem stand erhalte. Ein

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

||[Seite 6] An Geld fl. 32.
An Kernen 2 Vrtl.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus

Diß fließt so vyl mir bekant aus folgenden Quälen.
Von der Steür fl. 16
Von der Kirchen fl. 6
Von dem Otischen Vermächtnus fl. 6
Aus dem Allmosen Amt von Zürich fl. 4
Suma. fl. 32.
Auch von der Kirch 2 Viertel Kernen.

IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?

Die Kernen von der Kirch.

IV.16.B.b Schulgeldern?

Schul Gelder nichts.

IV.16.B.c Stiftungen?

Aus dem Allmosen Amt von Zürich wie ob gemelt — Deßgleichen auch aus dem Otischen Vermächtnus.

IV.16.B.d Gemeindekassen?

Nichts

IV.16.B.e Kirchengütern?

Wie obgemelt

IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?

Nichts.

IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

ANMERKUNG. Jch habe zwahr schon bey der beantwortung des 12ten Art: bemerkt, das die 2 nebend Schulen mehr Schaden als Nuzen seyen, Die Hauptursachen werde ich hier nach beyfügen. Die erste ursach ist die jenige, das sie der Haupt Schul das einkommen schmehleren, weil das meiste einkommen aller 3 Schulen aus gleichem Qüällen herfließt.
Die 2te ursach; Es ist den Kinderen selbst mehr nuzen hinderlich, als beförderlich, indeme sie von dem einten Lehrer so, und von dem anderen Auf eine andere weise zum lehrnen angeführt werden. Auch die meisten Elteren der ußeren Gemeinden, benuzen die Haupt-Schul nicht ||[Seite 7] nicht so wie sie solten, die meisten sagen zu ihren Kinderen ihr müßt noch 8 Tag die Lustdorfer Schul besuchen, damit ihr das Alte Recht nicht verlieret, daraus kan man leicht schließen das solche Kinder mehr Neügir, als Lernbegir mit sich in die Schul bringen, und wenig Nuzen darvon haben; Und wie dieses einem rechtschafnen Schullehrer vielen Verdruß verursache.
Es wäre noch eint und anders anzumerken, aber ich briche ab, weil ich ganz getrost einer beßeren einrichtung entgegensähe.
Darzu gabe mir die beste Hoffnung das Helvetische Volksblat Numero 16, welches ich Heüt mit gröstem vernügen gelesen habe.
Der Höchste gebe, daß das fürnehmen unserer HOCHGESCHEZTEN BÜRGER Ministern, Directorn, GESEZGEBENDEN RÄHTEN, und allen die an diesem Werk arbeiten, bald in erfülung gebracht werden könne, und alles zur Ehre Gottes, und zum Nuzen unsers ganzen helvetischen Freystaats gedihe.

Unterschrift

REPUBLIKANISCHER GRUSS U: ACHTUNG.
Lustdorff den 22 ten Feb: 1799. Caspar Riethmann Schullehrer

Zitierempfehlung: