Utzenstorf (Transkription Nr. 1406)

Schulort: Utzenstorf
Konfession des Orts: reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1431, fol. 205-207
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Bern
Distrikt 1799: Burgdorf
Agentschaft 1799:
Kirchgemeinde 1799: Utzenstorf
Ort/Herrschaft 1750: Bern
Kanton 2015: Bern
Gemeinde 2015: Utzenstorf
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Utzenstorf (Niedere Schule, reformiert)

05.03.1799

Antwort, Über die Verlangten Fragen

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Uzenstorff, ein Dorf und Eigene Kirchgemeind

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?
I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?
I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

Uzenstorff, ein Dorf und Eigene Kirchgemeind

I.1.d In welchem Distrikt?

Burgdorff;

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

Bern;

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Oberdorf Uzenstorf Enthält 56. Häüser,
Unterdorf Uzenstorf Enthalt 30. Häüser,
Jn der Ey hinder Uzenstorf sind es 24. Häüser,
Jm Schachen hinder Uzenstorf sind es 20. Häüser,
die Enfernsten darvon sind nicht über eine Viertelstund

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

Landshuth Enthält 6. Häüser, und kommen 12. kinder und ist eine viertelstund von Schul Hause,
Die Altwyden Häüser deren sind es 6. und kommen 7. kinder, diese haben Eine halbestund
die Schuppoßen genant Ein Haus komen 2 kinder der Rohn genant, Ein haus kommen 2 kinder diese haben beide Eine halbe stunde,

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.

Kirchberg ist ein stund, Koppigen ein stund Weiler ein halbstund, Bätterkinden Eine halbe stund, Schallaunen eine stund,

I.4.a Ihre Namen.
I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

Buchstabieren; Läsen; und Schreiben. geschriebenes lehren, die Music der Psalmen wie auch die kinder lehren Bätten, wer die gaben hat soll auch den Heydelberger außen lehren, auch Etwelche schöne Psalmen, die 4. Species deß Rechnes kan es in der Schul nicht geben weil der kinder zu viel sind, wer also darzu lust hat, der kommt zu mir deß Nachts der kan es dann lehren in denen langen winter abenden,
Auch muß ich alle wochen den ganzen Winter hindurch alle wochen 3. mahl unterweisung halten aus demHheydelberger und den Biblischen Historien,

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Jm Winter von Martini biß Anfangs Aprellen im Sommer alle Samstag außgenohmen deß Heüens und Erndes,

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

Die 3. Catechismuß; die Psalmen; das N: Testamment Biblische Historien und D: gleichen

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

giebt der Schullehrer von Eigener Hand, auch müßen die geübteren außwendig schreiben damit sie sezen lehrnen deßgleichen mit der zahl,

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

||[Seite 2] Deß Tages 5. Stund,

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

So in Klaßen, Es sind zwey Schulstuben da sind die wo schreiben und läsen in einer stuben, und die kleinen wo Buchstabieren in der anderen,

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Der Amtmann und der Pfarrer deß orts auf das guth heißen der Vorgesezten der gemeind

III.11.b Wie heißt er?

Jakob Schmiz Von Fraubrunnen, und sein mit helffer Bendicht Schmitz,

III.11.c Wo ist er her?
III.11.d Wie alt?

33. Jahr, und hat 3. Kinder, und der mithelffer 40. Jahr und hat 2. Kinder.

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?
III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

gesezte lehrer 11. Jahr

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Vorher sind wir Nirgends gewesen, denn wir dienten und halfen unserem Vatter allezeit in der schule, weil er {gleiche} 20. Jahr gleich biß zu seinem Tod versehen hat,
Wir können sonst keine Handwerk, denn im Sommer sind wir Akers Läüthe, und Bauen unser Eygenes weniges Land, denn dieses giebt uns Brodt für uns und unsere kinder denn allein von dem Einkommen der Schule, könnten wir nicht die halbe zeit unser leben Erhalten

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Ja; diese alle Sonn und Feyrtage in der Kirchen vorsingen, das gesang aufzeichnen, in der Bibel vor der Predig läsen, im Winter alle Sonn- Tag nachmitag Kinderlehr halten, auch bey Leichbegägnißen das Leichgebätt verrichten

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?
III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Deren sind es überhaupt von den größeren die sie besuchen knaben von 70. biß 90. biß 100. und Mädchen deßgleichen von 70. biß 90. Jn der kleineren Schul sind es überhaupt 40. biß 50. und Mädchen deßgleichen von 40. biß 50.

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)

Kommt fast Niemand denn der aker bauw gehet bey uns sehr stark, dann ist ihre antwort die, die, größeren müßen arbeiten, die kleineren dann zu hause bleiben und gaumen,

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

||[Seite 3] Von dem Schulfond weiß ich Nichts und von Stifftung nichts;

IV.13.b Wie stark ist er?
IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?

Theils aus dem Ehmaligen oberkeitlichen Schloß Lands huth, Theils aus dem gemeinen sekel deß Dorfschaffners, Theils auch aus liegenden gründen,

IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?

Kirchen guth Nichts Vereiniget Armen guth auch Nichts

IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Bekommen die Kinder bey ausgang der winterschulen, aus deß Dorfschaffners Sekel, denen kinderen wo schreiben und läsen jedem 2. bazen denen wo buchstabieren 1. bazen und denen wo das a. b. c. lehrnen 2. kreüzer bringt ohngefehr ein Jahr für das andere 18. Bernkronen

IV.15 Schulhaus.
IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

Deßen zustand ist noch guth, und erst Vor 6. Jahren ist wegen Mangel an plaz der Schul kinder noch eine Neüe Schulstuben gemacht worden, aber plaz ist es nur für Ein Schul lehrer darinn zu wohnen,

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?
IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Die ganze gemeinde

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

Für Beyde Schul Diener an geld 28. Bernkronen; getreide 8. Mütt Dinkel, an Wein; Nichts; Holz nach Noth durfft aber daßelbe müßen wir Entweder selbst in dem wald holzen oder jemand darfür bezahlen.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus
IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?

Die 8. Mütt Dinkel müßte ein jeweiliger Landvogt auf Lands huth von den bezogenen zehnden oder bodenzins denen Schul lehreren alle Jahr Fronfästlich Entrichten und ihnen allemahl noch darzu 5. pfund geld geben so thut zusamen 6 Bern kronen.

IV.16.B.b Schulgeldern?

Aus dem Dorfschaffner sekel zahlt ein jeweiliger Dorfschaffner an geld 19. Bern kronen
da schon vor langen zeiten her eine Beünden so zu der Schul gehört hatte ist verkaufft worden um die Summ der 100. Bern kronen giebt also alljahrlich zins 4. kr.

IV.16.B.c Stiftungen?
IV.16.B.d Gemeindekassen?
IV.16.B.e Kirchengütern?

||[Seite 4] Nichts;

IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?

Zusamen gelegten gelderen der Haus Vätteren; Nichts:

IV.16.B.g Liegenden Gründen?

Eine Rüthe in dem Wald Etwas mehr als eine halbe Jaucharten,
Eine Beünden daran kan man 2 Mäs Hanfsamen säen, und ein Kraut und Baum garten, so ohngefehr Ein Viertel Einer Jaucharten haltend.
Dieses ist das ganze Jntreße für die Beyde lehrer der Schulen,

IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

Da es einem Schuldiener Erlaubt ist in der Anmerkung nach belieben noch Etwas Einzurüken so Nehme ich die Frechheit ein par zeilen unten an zu hefften, mann soll es also nicht für übel aufnehmen,
Jch Frage ist es nicht aüßerst zu zu bedauren, daß Mann einen Hirthen der Schule gleichsam in seinem koth und staube schmachten Läßt, denn, wenn ich der sache recht nachdenke was für pflichten ein Treüer Hirth bey seinen Schaafen zu erfüllen hat, so fließen mir Tränen über meine Wangen, den ganzen winter hindurch kan ich allein bey meinen Schulkinderen Harzen, ohne das einmahl ein guter Haus Vatter zu mir kommt, und ihnen gehorsam Einschärfet, und doch sind die kinder so wild, so ungebärdig so ungehorsam und so ungezogen, daß der Lehrer fast nicht im stande ist dieselben in guter Ordnung zu halten, denn es giebt sehr viel kinder die, die, Schule sehr wenig besuchen die ein Tag kommen, und zwey daheimen bleiben, wieder andere die sie gar nicht besuchen, da soll doch der Lehrer die schuld haben wenn sie schon nichts wißen nichts können und nichts verstehen, gewiß ein Trauriger Fahl, so wohl für solche Elteren als kinder, denn was, ich frage, was soll denn dieses wieder für Elteren geben, aber wer ist schuld daran, gewiß nicht der Lehrer, sondern solche schlecht denkende Elteren selbst, deren guthe kinderzucht sehr wenig am Herzen liegt, aber wie ist ein Lehrer bey uns in den augen vieler Elteren und kinder bey denselben angesehen, gewiß nicht viel mehr als ein Hirth der Schweinen, aber wie kommt es die Lehrer auf dem Land sind Meistens arme Leüthe, denn ein Bemidtleter und angesehener gehet nicht in die Schul, denn die meisten Einkünffte sind sehr gering, das ein Lehrer nicht Einmahl genugsamen unterhalt für seyn Weib und kinder hat. Will ||[Seite 5] Will geschweigen dann Etwas von ihrem geringen Einkommen auf das schwache alter zu Ersparen, und dieß ist fast überall, daß ein Armer Mann er mag so Ehrlich und so Rechtdenkend seyn als er wil, dennoch in den augen vieler Menschen nur Verspottet und Verachtet und seine Treüe mit undank belohnet wird,
Ganz eine andere bewandtniß hat es also mit den Pfareren auf dem Land, dieselben haben denn hingegen meistens sehr große Einkünffte, und diese können ihre Tage Fröhlich zubringen, denn was ist überhaupt ihre verrichtungen, den Winter hindurch mit Etwelchen kinderen den Heydelberger zu durchgehen nach ihrem belieben auch Etwelche stunde sie zum Heiligen Abendmahl zu unterweisen, dann giebt es viele die nur ihre Alten und in ihrer Jugend außwendig gelehrnten Predigten das Jahr hindurch oder alle zwey Jahr wieder daher sagen, andere giebt es sogar die sie nur her läsen, die also ihre schöne gelegenheit der zeit nicht mögen anwenden, um Etwas Neües zu Studieren sonderen lieber für ihre kurzweil spazieren gehen,
Kommen sie dann zu einem Höcheren Alter daß sie das ihnen anvertraute ammt nicht mehr allein Verwalten können so giebt man ihnen helffer genug solches zu Verrichten, so können sie dann sagen wie unser Heyland sagt, Nun so, liebe Seele, du hast nun Einen Vorrath auf viele Jahre, Jß und Trink und seyn Frölich, Ein Hirth der Schule hat es darum nicht so, wenn er schon seine besten Jahre in der Schule hat zugebracht nun aber in das alter kommt und der Schule nicht kan recht vorstehen mehr, so Jagt man ihne Fort, und seiner guten Treüe wird Nimmermehr gedacht, sondern auf Ewig vergeßen,

Unterschrift

Also Unterschrieben von mir Jakob Schmiz, geringer Schul Diener in Uzenstorff den 5. ten Merz 1799.

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