Reichenbach im Kandertal (Transkription Nr. 1400)

Schulort: Reichenbach im Kandertal
Konfession des Orts: reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1455, fol. 149-153v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Oberland
Distrikt 1799: Aeschi
Agentschaft 1799: Reichenbach im Kandertal
Kirchgemeinde 1799: Reichenbach im Kandertal
Ort/Herrschaft 1750: Bern
Kanton 2015: Bern
Gemeinde 2015: Reichenbach im Kandertal
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Reichenbach im Kandertal (Niedere Schule, reformiert)

01.03.1799

FREYHEIT GLEICHHEIT.
BERICHT. AN DEN MINISTER
der WISSENSCHAFTEN. über den ZUSTAND. der SCHULE REICHENBACH.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

REICHENBACH ist im weitesten Sinn eine Kirchgemeind, im engeren Sinn eine der 6. Beürten, im engsten Sinn ein Dörflin in diser Beürt

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?
I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?
I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

AGENTSCHAFT REICHENBACH.

I.1.d In welchem Distrikt?

DISTRIKT AESCHE.

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

CANTON THUN.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

An Häüsern welche zu dem Schulbezirk gehören, befinden sich im Umkreis.
a. Der ersten Viertelstunde Häüser 33. Haushaltungen 38.
b. Der zwey Viertelstunden Häüser 16. Haushaltungen 18. Der
||[Seite 2] c. Der Drey Viertelstunden Häüser 38. Haushaltungen 40.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

ZU der Schul Reichenbach gehören 2. Beürten
a Beürt Reichenbach.
b Beürt Kien und Aris.
REICHENBACH, wird eingetheilt in 2. Dörfflin;
a Reichenbach ein Dörfflin.
b Mühlenen ein Dörfflin
KIEN wird eingetheilt in ZWEY.
a Kien ein Dörfflin.
b Aris sind die Häüser verstreüt.

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und

A. REICHENBACH hat im Umkreis eine Viertelstunde, die Anzahl der Schulkinder sind. 25.
B MÜHLENEN ist entfernt eine halbe Stund die Anzahl der Schulkinder sind 26.
C KIEN ist entfernt eine halbe Stund die Anzahl der Schulkinder sind 18.
D ARIS ist entfernt Drey Viertelstund. die Anzahl der Schulkinder sind 16.

I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.

1. Jn der GEMEINDE.
a. Reüdlen eine halbe Stund
b. Scharnachthal eine Stund
c. Faltschen eine halbe Stund Ausert
||[Seite 3] 2. AUSSERT der GEMEINDE.
a. Aesche eine Stund
b. Schwandi eine Stund

I.4.a Ihre Namen.
I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

a. Buchstabieren.
b. Lesen. AUSSWENDIG.
c der Heidelbergische Catechismus.
d Aus den Festliedern von Bern 12.
e. Aus den Psalmen Davids nach den Gaaben
f Jm neüen Testamment verschiedene Capitel auch nach den Gaaben.
g. Ein Unterweisungs Büchlin, heißt Saft aus dem Kern des Christenthums.
h Singen in den obbemelten Psalmen.
i Schreiben und in den Anfängen im rechnen
k Jn den Sontags Kinderlehren wird aus Pothmanns Sittenbuch vorgelesen.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die Schul wird gehalten
a. Jm Winter von Martini biß Ende Merzens
b Jm Sommer alle Wochen ein Tag per Wochen Fünff Tag.

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

||[Seite 4] 1 ZUM AUSSWENDIG lehren.
a. der heidelbergische Catechismus.
b. Saft aus dem Kern deß Christenthums
c. Von den gewöhnlichen Festgesängen aus den Festliederen von Bern 12. sonst aber zum Gebrauch ganz.
d. das alte und neüe Testamennt.
e. Johann Hübners biblische Historien.
f. die Psalmen Davids.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

a Wann mann darunter die Vorschrieften zur Schule verstecht, so ist es die Schul Ordnung, sonst aber zum Gebrauch zum Schreiben, deß Bürger Gruners Quartblat
b und daneben auch eines jeden Schulmeisters Vorschriefft.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Fünff Stund.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Nein.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

a. Der jedesmalige Pfarrer Dar
||[ Seite 5] b Darnach aber von einem jeweiligen Oberamts Mann bestätiget.

III.11.b Wie heißt er?

Hans von Känel.

III.11.c Wo ist er her?

Aus der gleichen Gemeinde Reichenbach von der Beürt Reüdlen.

III.11.d Wie alt?

51 Jahr.

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

Vier Kinder davon 2 geschikt und 2. stumm

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

Ehemals 3. Jahr, und jez widrum disen Winter.

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Auf der Beürt Reüdlen.
Copist und Partikular Schule im Schreiben, und in den Anfängen im Rechnen

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Die noch übrig wenige Zeit bringt er mit Copisten Arbeit zu.

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

||[Seite 6] Dise Schule besuchen 79 biß 80. Kinder.

III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Knaben. 20. Mägdlin 20. ohngefehr per Tag

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)

Knaben 10. Mägdlin 10. ohngefehr per Tag

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

JA.
Aber nicht für den Schulmeister sondren für die Schulkinder; welches den sämmtlichen Schulkindren an dem Schul Exammen in Brot {und} Neidlen ausgetheilt wird.

IV.13.b Wie stark ist er?

Das Capital belauft sich an verschiedene Pösten, von schuldigen Capiatlien an kr. 122. wovon der jährliche Zins beträgt kr. 4 bz. 22 Hieraus werden vor allem aus, die jährlichen Reparationen an dem allgemeinen Schulhaus bestritten: Erst dann der Rest unter die säntlichen 4. Schulen in der Gemeind an die Kinder beim Exammen zu Brot und Neidlen verwandlet.

IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?

||[Seite 7] 1. Seine Einkünften fließen aus den vorstehenden Zinsen deß Capitals welches meist von Vergaabungen herrühret.
2. Weil aber diser Abnuz zu obigem Ausgeben viel zu wenig, so erhebet mann das übrige aus den Seklen der zweyen Beürten.

IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?

NEIN.

IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Ja.
a. Ein jedes Kind zalt für den Winter 2 bz.
b und für den Sommer 1. bz. Das übrige des Schullohns wird von den beiden zu der Schul Reichenbach gehörigen Beürten aus den Beürt Seklen bestritten

IV.15 Schulhaus.

Ja es ist eins da.

IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

Jn zimmlich baufälligem Zustand.

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?
IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Dieses ||[Seite 8] Dises wird dem obigen Schulguth in erbaulichem Stand erhalten.

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

1. An Gelt für den Winter.
a Von jedem Kind 2 bz. thut an 80. Kindren kr. 6 bz. 10
b. Sommer Schullohn von jedem Kind 1 bz. thut an 60 Kindren kr. 2 bz. 10
c Aus jedem Beürt Sekel 5 kr. also von 2 Beürten kr. 10
[Summa] kr. 18 bz. 20
2d: Holz 5. Klaffter:

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus
IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?
IV.16.B.b Schulgeldern?
IV.16.B.c Stiftungen?
IV.16.B.d Gemeindekassen?
IV.16.B.e Kirchengütern?
IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?
IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

ANMERKUNGEN.
1 Wegen dem Schulhaus zu Reichenbach. Ehemals waren die jezmaligen 4 Schulen alle zusammen kommen in das Schulhaus zu Reichenbach so daß es von der ganzen Gemeind von allen 6 Beürten nur eine einzige Schule war. Darnach aber theils durch starke Anwachsung der Jugend theils aber wegen Bequemlichkeit verließen 3 Beürten dises Schulhaus, und errichtet für sich eigene Schulen doch ohne neüe Schulhaüser zu bauen; an dem hiesigen Schulhaus nehmen sie noch Theil durch den Unterricht zum Heiligen Nachtmahl der alda den Kindren aus der ganzen Gemeind gegeben wird. ||[Seite 9] 2. Es wird angeführt, das von den zu dieser Schul gehörigen Kindren ohngefehr der halbe Theil im Sommer vom Mäy biß September mit ihren Elteren auf die Alppen ziehen und wegen Entfernung die Schule wenig besuchen können. Datum den 1sten Tag Merz 1799: Hans von Känel, Schulmeister zu Reichenbach.
N. b. zur Nachricht wird hier noch gemeldet daß zu vollständiger Darstellung des hiesigen Schul Wesens, mitkomende Tabelle beygefüegt wird; dergleichen alle Jahre vor dem Järhlichen Schul Exammen im Fruhling verfertigt dem Bürger Pfarrer übergeben und als den das Exammen darüber gehalten wird wie sie auf gegenwärtigen Zeitpunkt sich verhält.

Unterschrift

Datum den 1sten Tag Merz 1799: Hans von Känel, Schulmeister zu Reichenbach.

Zitierempfehlung: