Marthalen (Transkription Nr. 135)

Schulort: Marthalen
Konfession des Orts: reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1470, fol. 7-9v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Zürich
Distrikt 1799: Benken
Agentschaft 1799: Marthalen
Kirchgemeinde 1799: Marthalen
Ort/Herrschaft 1750: Zürich
Kanton 2015: Zürich
Gemeinde 2015: Marthalen
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Marthalen (Niedere Schule, reformiert)

18.02.1799

FRAGEN und ANTWORTEN. über den Zustand der Schulen.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

MARTHALEN.

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

Ein Marktfleken.

I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

Es ist eine eigne Kirchgemeine.

I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

Allda.

I.1.d In welchem Distrikt?

Benken.

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

Zürich.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Der Fleken ist nahe zusamen gebaut.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

Raadhof und Niedermarthalen; jeder Hof enthält 3 Haushaltungen, und sind eine kleine Viertelstunde vom Hauptort entfernt; aus jedem Hof kommen 4. bis 5. Kinder in die Schule.

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.
I.4.a Ihre Namen.

Marthalen ist der nächste Ort.

I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

Buchstabieren, Lesen, Schreiben, Auswendig sprechen. Singen, und in den Nebenstunden Rechnen. Auch werden die Kinder zur Sittlichkeit und Rechtschaffenheit angeführt; und im Ganzen sucht man sie zu guten brauchbaren Menschen u. Christen zubilden.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die grosse Winterschul wird vom Martini bis vast Ende des Merzens gehalten. — die Sommerschul von da weg bis zur Weinlese. vacant zeit bis Martini

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

Namenbüchli, der Zürchersche CATECHISMUS, Zeügnuß, der Psalter Davids, die Lobwasserschen Psalmen, das Neüe Testament, das Wasersche Schulbüchli, Gellerts geistliche Oden und Lieder; Passion und Catechismusgesang von Ziegler; Gebättbüchli von Pfarrer Wyß, eins von Pfr. Corrodi.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Anfängern abc. Linien Geübtern Vorschriften, Sprüche aus hl. Schrift So viel möglich auswendig; da wir aber mit allzuviel kleinen Schülern überladen sind, so wird in Ansehung des Rechtschreibens, der Endzwek selten erreicht. Wir haben des nahen schon lange gewünscht daß man uns die Kleinen bis zum Lesen abnehmen, und einen eignen Lehrer dazu be- ||[Seite 2] bestellen möchte; allein wir fanden kein Gehör; denn unsere Gemeine thate für die Jugend so wenig als sie könnte, ob es ihr gleich nicht an Kräften fehlte!

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Wenigstens 6. Stunden.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Ja, in 3. Classen, Zu der ersten zählen wir die gut lesen und schreiben können Zu der 2ten die Anfänger im lesen, und die so gut buchstabieren können; Zu den 3ten Claß die, so erst das abc. lernen, u. im Namenbüchli buchstabieren.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Das Examinator Convent in Zürich.
Der Prediger und Stillstand des Orts erwählten 3. Männer — Es könnten aber Praetendenten gehen so viel Lusthatten — diese wurden sodann in Zürich, bey dem Bürger Antistes von einem Chorherrn u. einem Cantor Examiniert, und sodann von dem Convent der Beste gewählt!

III.11.b Wie heißt er?

Es sind unser zwey, Hs. Ulrich — und Hs. Jacob Spalinger.

III.11.c Wo ist er her?

Beyde von Marthalen.

III.11.d Wie alt?

Ersterer 46. und lezter 39. Jahr.

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

Ja! Jeder hat 7. Kinder.

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

Ersterer 27. u. lezter 14. Jahr.

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Ersterer daheim, u. lezter 12. Jahr in Zürich

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Ja!
Um unsere Familien mit Gott und Ehren ernähren zukönnen, müssen wir neben den Schulstunden, besonders Somerzeit, Güterarbeiten verrichten!

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?
III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Knaben 96. Mädchen 104.
öfters 210. bis 220.zig!

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)

30. bis 40. auch mehr, nachdem die Zeit. denn die Eltren brauchen die Kinder zur Güterarbeit. Es hält desnahen, im Sommer, nur ein Schulmeister die Schule, und zwaren eine Woche um die andere!

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

||[Seite 3] Ja!

IV.13.b Wie stark ist er?

3300. fl.

IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?

Er besteht in Briefen — Hypothecen — u. Obligationen; also aus den Zinsen.

IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?

Gar nicht, sonder unsere Vorelteren legten vor ungefähr 40. Jahren Circa 1600. fl. zusamen; es ist also, durch gute Wirthschaft, bis auf fl. 3300. angewachsen.

IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Es ist eine förmliche Freyschul; Weder die Elteren nach Kinder, geben den Schulmeistern etwas; auch nicht das geringste praesent! Nur muß jedes Kind, im Winter, täglich ein Scheit Holz mit sich bringen, damit die Schulstube geheizt werden kann. Aus dem Schulgut erhält jeder Schulmeister Jährlich 33. fl. Zürich Cours.

IV.15 Schulhaus.
IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

Jst vor etwann 4. Jahren ziemlich repariert worden.

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?

Ja, nur eine.
Es ist ein eignes Gebaüde. die untere Etage enthält eine Küferwerkstatt und ein Speicher, unter denselben ein Keller, welche privat Bürgern angehören. Die 2te Etage enthält einzig die Schulstube, samt dem Eingang, wo man zugleich einheizen kann. oben auf der Stube ist eine Schütten oder Estrich, so nicht gebraucht wird.

IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?

Wir erhalten gar keinen Hauszins, sondern wir müssen für unsere Wohnungen selbsten sorgen!

IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Es sind Schulguts Verwalter, von der Gemeind, darzu bestimmt, die das Schulgebaüde in gutem Wesen unterhalten müssen. die Kosten werden aus dem Schulgut bezalt.

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

||[Seite 4] An Geld 38. fl. Getreide 6. Müth 2. Vierl. Kernen. 4. Mth. Roggen. ein Saum Wein. 50. Burden Strau. 3. fl. Heügeld, so unter obiger Summa begriffen. welches alles ohne 33. fl. Geld, für den Meßmer, oder Sigristdienst ausbezalt ward.
Der ganze Meßmer oder Sigristdienst, beträgt also für beyde Schulmstr. 10. Müth Ker. 8. Mth. Roggen, 2. Saum Wein, 100. Burden Strau, 6. fl. Gelt.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus
IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?

Zehnten? 5. Mth. Ker. 4. Mth. Roggen. 1. Saum Wein, 50. Burden Strau, 3. fl. Heugelt, als für den Sigristdienst; jedem.
Grundzinsen? Jedem 1. Mth. 2. Vrl. Kernen für das Vorsingen.

IV.16.B.b Schulgeldern?

Nichts!

IV.16.B.c Stiftungen?
IV.16.B.d Gemeindekassen?
IV.16.B.e Kirchengütern?

Jeder Jährlich 2. fl. für Kirchen zusaüberen, Catalagus zuschreiben, u. Kinderlehr halten.

IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?

Nichts!

IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)

Aus dem Schulgut jeder 33. fl. Z. v. mit Liechtmäß

Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

ANMERKUNGEN.
a. Es wurden bisdahin den kleinen Kindern, aus dem Schulgut Namenbüchli und Tafelenzedel bezalt, dem Reichen wie dem Armen; der Betrag war Jährlich 10. bis 12. fl.
b. Jedem Schulmeister für Catalagus u. Examenrödel und Vorschriften jährlich 2. fl. 30. xr.
c. Wurden den geschiktesten Knaben und Mädchen alle 2. Jahr, an dem Frühlings- Examen praemien von verschiedenen Bücheren geschenkt, welche jedesmal 15. bis 16. fl. Kosteten. das Schulgut bezalte solche. den übrigen Kindern, bis auf die Kleinste, schenkte der Br. Pfarrer solche; welche er aus dem Almosenamt in Zürich erhielt.
||[Seite 5] FERNER.
d. Alle Jahr an besagtem Examen wurde jedem Kind ein Weggen geschenkt, der wenigstens 1 lb. an Gewicht hatte; worzu man ungefähr 2. Mth. u. 2. Viertl. Kernen brauchte; dies wurde aus dem Gemeindgut bezalt; der Bacherlohn aber, ungefähr 2. fl. 40. xr. zalte das Schulgut.
e. Wurde dem Br. Pfarrer samt 4. Schulvorstehern und uns 2. Schulmstr. nach Vollendung des Examens, ein Mittagessen gegeben, das ungefähr 9. fl. Kostete; dies bezalte die Kirche!

Unterschrift

Gruß und Achtung! Marthalen den 18ten Febr. 1799
Hs. Ulrich Spalinger. Schulmst. Hs. Jakob Spalinger, Schulmeister.

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