Unterillnau (Transkription Nr. 118)

Schulort: Unterillnau
Konfession des Orts: reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1471, fol. 41-46v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Zürich
Distrikt 1799: Bassersdorf, Fehraltorf
Agentschaft 1799: Oberillnau, Kyburg
Kirchgemeinde 1799: Kyburg, Oberillnau
Ort/Herrschaft 1750: Zürich
Kanton 2015: Zürich
Gemeinde 2015: Illnau-Effretikon
In dieser Quelle werden folgende 3 Schulen erwähnt:

18.02.1799

BEANTWORTUNG DER FRAGEN VOM Minister der Künste und Wissenschafften der einen und untheilbaren Helvetischen Republic.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Unter-Jllnau: es ist ein Dorf.

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?
I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

Es ist eine eigne Gemeine.

I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

Gehört zu der Kirchgemeind Ober-Jllnau Weil unsere Gemeind, und auch die Kirchgeind in zwen Distrikten ligt; so stehen wir auch unter zwo Agentschafften: der Theil disseits der Kempt steht unter der Agentschafft Johannes Brunnschweiler zu Ober-Jllnau; der Theil jenseit der Kempt steht unter der Agentschafft Weiß von Kyburg.

I.1.d In welchem Distrikt?

Die Schule ist im Distrikt Baßerstorf der Schulbezirk ligt im Distrikt Baßerstorf und Altdorf.

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

Jm Kanton Zürich.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

a Jnnert der ersten Viertelstunde liegen 56 Häuser.
b Jnnert der zweyten 10 Häuser.
c Jnnert der dritten Viertelstund lieget 1 Haus.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

||[Seite 2] a Unter-Jllnau wo die Schule ist sind 84 Kinder.
b. Mesiken ist 1 Viertelstunde entlegen und kommen täglich 4 Kinder.
c Horben, ist 1 1/2 entlegen, und kommen täglich 6 Kinder.
d Prestberg, ist etwas zu 2 Viertelstund entlegen, und kommen täglich 3 Kinder.
ANMERKUNG.
Als Johannes Brunnschweiler von Ober-Jllnau Agent worden, ist er wie viele Agenten im schreiben und geschriebnes lesen nicht woll geübt gewesen, wie es dieser Beruf erfordert, da Hat er mir die Unteragenten Stelle angetragen: zu erst hab ich mich geweigert, aus liebe zu meinem Vaterland, demselben zu dienen, wie, und womit {ich} könne, hab ich die Stelle angenommen.
Durch Annehmung dieser Stelle gieng es mir wie manchem. Die aritstokratisch denkenden Bürger in der Gemeind und auf den Höfen wurden mir feindlich: die Feindseligkeit steig so hoch, daß sie mich wollten um den Schuldienst bringen. Jemehr ich ihnen diente mit vorlesen und erklären der Geseze und Volksblätter je feindlicher sie mir worden sind Jch ward genöthigt mich an den Regierungs- und Unterstatthalter zu wenden der mir ein Schreiben mitgetheilt der Gemeind vorzulesen, oder vorlesen zu lasen daß sie bey oberkeitlicher Strafe mich ungkänkt lassen sollen. ||[Seite 3] Weil sie sahen, daß sie mir nichts anheben konten, sonnen sie, mich {auf} andere Art zu beschädigen. Dieses gelang ihnen. Weil es auf den Höfen noch aristokratisch denkendere hatte als in unserer Gemeind Unsere Gemeind gab mir Jährlich ein Fuder Holz zur Schulstube. Sie fiengen an die Höfe, wo in unsere Schule gehören müssen jährlich auch ein Fuder Holz geben oder wir sie lassen sie nicht mehr in unsre Schule ein: die besser Denkenden haben gemeint, daß diesen Leuten Ernst sey: sie sorgten für den Schulmeister, daß er ein Fuder Holz mehr bekomme, ich aber habe ihren List bald gemerkt.
Die Hofleute haben sich nicht zu einem Fuder Holz verstehen wollen, haben mit Agasul, das zur Schul Ottiken gehörte, diesen Winter eine eigene Schule gehabt, die aber vom Erziehungsrath noch nicht bestähtigt ist, Auf diese Art haben sie mich um diesen Schullohn können bringen.

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.

a Die Schul in Ober-Jllnau ist 1/2 Viertelstunde von uns entfernt.
b Die Schule in Bisiken ist 1 1/2 Viertelstunde von uns entlegen.
c Die Schul in Ryken ist 3 Viertelstund von uns entlegen.
d Die Schul in Ottiken ist 3 Viertelstund von uns entlegen.
e Die Schul in Fehr Altdorf ist 2 Viertelstund von uns entlegen.
f Die Schule in Gutenschweil in der Pfarr Vollkenschweil ist 2. Viertelstund von uns entlegen.
g Die Schul in Vollkenschweil ist 2 Viertelstund von uns entlegen.
h Die Schul in Kindhausen ist 2 1/2 Viertelstund von uns entfernt.

I.4.a Ihre Namen.
I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

||[Seite 4] a Lesen.
b Schreiben.
c Singen.
d Rechnen.
e Die Anfangsgründe der Religion.
f Auswendig, Gebethe, Lieder, biblische Sprüch und Psalmen, auch den Catechismus.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die Schul wird im Winter 20 Wochen gehalten, und täglich 6 Stund, im Sommer wochentlich ein Tag.

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

a Das Namenbüchlein.
b Der Lehrmeister.
c Das Zeugnißbuch.
d Das Lobwasserische Psalmenbuch.
e Das Neue Testament.
f Zum auswendig lernen sind noch mehr: das Zürcherische Schulbüchlein.
a felix Wasers Schulbüchlein. Vor etwa 2 Jahren, hat der B. Pfarrer Keller, in jede Schul seiner Gemeind 2 Lesebücher von Geörg Friedrich Seiler, und 2 von Bernhard Christoph Fausts Gesundheits Catechismus gegeben, viele Aelteren und Kinder haben einen Wiederwillen darab gezeiget.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Jst es gemeint die Vorschriften, welche man den Kindern vorlegt zum lernen schreiben: so hab ich der Vorschreiber Wüsten seine Schriften, und nach diesen mache ich Vorschrieften.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Die Schul wird im Winter 20 Wochen gehalten, und täglich 6 Stund, im Sommer wochentlich ein Tag.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

||[Seite 5] Die Kinder werden in Klaßen eingetheilt: so blald ein Kind buchstabieren kan, so theile ich sie in Klaßen, weil ich sehe daß es nuzlich ist.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

a Der Schullehrer ist bey uns von dem Examinatoren-Covent erwählt worden
b Durch ein Examen, und welchen sie für den thüchtigsten gehalten haben.

III.11.b Wie heißt er?

Jch heiß Mathias Mooß.

III.11.c Wo ist er her?

Bin von Unter-Jllnau.

III.11.d Wie alt?

Bin 47 Jahr alt.

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

Hab eine Frau und 4 Kinder 2 Söhn u. 2 Töch

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

Bin 16 Jahr Schullehrer.

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Bin zu Unter-Jllnau gebohren und auferzogen worden.

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Neben den Schulgeschäften im Sommer ist meine Arbeit Weben, mein Gütlein arbeiten, und was meine Haushaltung mit sich bringt: im Winter kan ich neben der Schul nichts arbeiten.

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

ANMERKUNG.
Es ist eine tägliche und eine Repetir- Schule, in die tägliche gehen 44 Knaben und 52 Töchteren. Jn die Repetierschule gehen 36 Knaben und 39 Töchteren. NB. die ab den Höfen mit gerechnet. Die Repetirschule wird aber wochentlich nur ein Mal gehalten: darem gehen die von der täglichen entlassen sind.

III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)
III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)
IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

||[Seite 6] Schulfond: ist keiner bey uns

IV.13.b Wie stark ist er?
IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?
IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?
IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Schulgeld ist wochentlich von einem Kind 1 1/2 ß.
Den Winter durch gibt ein Kind von der Repetirschule 4 ß.
Es ist im Winter noch eine Nachtschule, in welcher man schrie singen lernt: die wird aber nur Samstag und Sonntagnachts gehalten wird. Den Winter durch zahlt eins 4 ß.
Die Kerzen Kerzen welche man in obiger Schule verbrennt bezahlt die Gemeind

Den Sommer durch wochentlich 1 Tag die Schule zuhalten, zahlt ein Kind nur für ein halben Tag, 3 1/2 ß. am Ende der Schule: Für den 2ten halben Tag, und das ganze Jahr alle Sonntage zwischen beyden Predigten eine Schul zu halten, zahlt die Gemeind 4 fl.

IV.15 Schulhaus.

||[Seite 7] Es ist in unserer Gemeind kein Schulhaus, und keine Schulstube, auch nicht ein Mal Zins für die Stube.
Jch muß selbst für die Schulwohnung sorgen, und im baulichen Stande erhalten; nur gibt mir die Gemeind jährlich ein Fuder Holz zum heitzen.
Wie beschwehrlich es aber einem Schullehrer und einer Haushaltung falle, die Schul in seiner eigenen Stube zu halten; kann ich hier nicht unangemerkt lassen: weil dadurch viele Schwirigkeiten entstehen, bey dem Lehrer und den Lernenden: und die Haushaltung oft fast so viel an der Arbeit versäumt als der Lehrer mit der Schul verdient.

IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?
IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?

||[Seite 7] Es ist in unserer Gemeind kein Schulhaus, und keine Schulstube, auch nicht ein Mal Zins für die Stube.
Jch muß selbst für die Schulwohnung sorgen, und im baulichen Stande erhalten; nur gibt mir die Gemeind jährlich ein Fuder Holz zum heitzen.
Wie beschwehrlich es aber einem Schullehrer und einer Haushaltung falle, die Schul in seiner eigenen Stube zu halten; kann ich hier nicht unangemerkt lassen: weil dadurch viele Schwirigkeiten entstehen, bey dem Lehrer und den Lernenden: und die Haushaltung oft fast so viel an der Arbeit versäumt als der Lehrer mit der Schul verdient.

IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?
IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

An Getreide ein Müth Kernen aus dem abgeschafften Zehenden. ||[Seite 8] An Geld, bis dahin 5 fl. aus dem Schulfond von Zürich, aber in Zukunft hat man mir nichts mehr versprochen.
Aus dem Kirchengut hab ich jährlich 20 ß. gehabt, welches inskünftig auch nicht mehr bezahlt wird.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus
IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?
IV.16.B.b Schulgeldern?
IV.16.B.c Stiftungen?
IV.16.B.d Gemeindekassen?
IV.16.B.e Kirchengütern?
IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?
IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

ANMERKUNG.
Als ich diese Beantwortungen schrieb: hab ich (wegen gefährlicher Krankheit meiner Tochter) müssen eine Stube mieten, um darinn die Schule zu halten.
Jch hab oben eine kleine Anmerkung gemacht wegen verfolgungen, der Aristokraten gegen mir, aber es ist nur ein Ueberblik gegen dem Ganzen. ||[Seite 9] Wenn ich ein ganzen Abriß machen sollte von den Verfolgungen die ich dieß Jahr hab erdulden müssen so gäbe es ein weitläufiges Schreiben, aber ich weil nur ein Beyspiel anführen, woraus Sie Vieles schliessen können: Das älteste unter meinen 4 Kinderen ist ein Mädchen von 24 Jahren und war schon 3 Jahre mit einem Gesellen vom gleichen Alter versprochen gewesen, und verwiechnen May auch von ihm schwanger geworden: es kam so weit, daß sie beyde an einem Freytagnachts abgeredt kommenden Sonntag die Hochzeit verkünden zulassen, und den Montag darauf, auf Zürich kupulieren zulassen. Am Samstag wurde dieß Geschäfft ruchtbar, und alle Arestokraten lauften zu, und brachten ihn so weit, daß er sich weg machte, und mir meine Tochter ließ in solchem Stande sizen. Aber er ist der aller schlimste Aristokrat gewesen, sonst hätten sie nicht so viel gegen ihn vermögen.
Einer dieser Aristokraten, der ein Vogtkind hatt, daß 1800 fl. baar Geld hatte, gieng und versprach ihm, wenn er das thun, so müsse er dies Mensch haben wenn er wieder nach Hause komme. ||[Seite 10] Dieser hat ihm Wort gehalten: denn so bald wir vor dem Distrikt unseren Prozeß, gegen diesen schlechten Menschen haben lassen ausmachen, kommt er wieder heim, und macht Heurat mit dem gedachten Vogtkind: Jez ligt mein Tochter schon 6 Wochen krank an einer unglüklichen Gebuhrt, die mich bis auf 50 fl. kostet.
Aus diesem werden sie sehen, was ich auch um schlechten Menschen willen hab müssen leiden; dieses hab ich auch eingerukt, damit sie sehen wie ich in Umständen diesen Winter durch müße die Schule halten, und {doch} imer Standhaft und muthig in meinem Beruf fort fahren, es hat sich aber vieles geändert mancher sieht doch nach und nach das Bessere ein.
Jch siehe überhaupt, wo Vorgesezte in einer Gemeind sich mit Ernst der neuen Ordnung annehmen, so geht es in derselben gemeind immer doch noch nicht so übel, aber wo dieselben dargegen sind, da sieht es dießmal erbärmlich aus

Unterschrift

Gruß und Hochachtung. Unter-Jllnau, den 18ten Hornung 1799. Mathias Mooß, Schulmeister.

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