Heiden (Transkription Nr. 1290)

Schulort: Heiden
Konfession des Orts: reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1458, fol. 139-140v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Säntis
Distrikt 1799: Wald
Agentschaft 1799: Heiden
Kirchgemeinde 1799: Heiden
Ort/Herrschaft 1750: Appenzell Ausserrhoden
Kanton 2015: Appenzell Ausserrhoden
Gemeinde 2015: Heiden
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Heiden (Niedere Schule, reformiert)

22.02.1799

BEANTWORTUNG DER FRAGEN ÜBER DEN ZUSTAND DER SCHULEN.
AN DEN MINISTER DER KÜNSTE UND WISSENSCHAFFTEN.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

HEIDEN

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

Dorf.

I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

b Kirchgemeinde ud. Agentschaft Heiden

I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?
I.1.d In welchem Distrikt?

District Wald.

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

Canton Säntis.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Das Dorf hat 33 und innert einer Viertelstund umher sind 90, innert dem Umkreiß der 2ten sind 50, und innert dem Bezirk von 3/4 Stunden sind 30 Häüser.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

Die um das Dorf innert einer Viertelstunde umher liegenden Fleken sind: Stäkle, Nord, Kohlblaz, Weerd, Bißau, Langmooß, Brunnen, innert der Zwäyten: Bänzenreüte, Barlochen, Bänziger, und innert der 3ten Viertelstund, Bischoffsberg, Unterrehstein, Wassern Altenstein.

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.

Die Kinder die aus jedem Bezirk die Schule besuchen, wäre mir fast unmöglich zu bestimmen, zumal die Anzahl und die Umstände sehr oft ändern. Überhaupt sind die Kinder vom 1ten ud. 2ten Bezirk am meisten in der Schul, und die allerEntlegnesten werden theils auch fleißig geschulet, und theils von den Eltern gelehrt. Jndessen aber wird so wohl in der Nähe als in mehr oder mindern Entfernung so wohl aus Armuth, als aus Nachlässigkeit der Eltern, am Unterricht der Schul versäümt.

I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.
I.4.a Ihre Namen.

Benachbarte Schulen sind: An der Zelg, auf Wolfh. bey der Kirchen und in der Grub — alle Drey sind circa 1/2 Stund entlegen

I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

Gelehrt wird hauptsächlich: Gedrukts lesen, der Catechismo perft. auswendig, Gschriebes lesen, schreiben Anfangsgründ im Singen und Rechnen, Heilsordnung etc. auswendig.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die Schul währet jährlich 40. Wochen. Jn der Heüernd und im Herbst ist die eingestellt

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

Neben dem Catechismo ist kein Buch a parte bestimmt und eingeführt deßnahen werden verschiedene Bücher gebraucht zum Exempel: Gebeth- ||[Seite 2] Gebeth- Psalmen- Zeugnißen- neüe Testament- und andere Büchlein auch, das so genannte Lesebüchle, welche seit einigen Jahren eingeführt, aber nicht allgemein worden.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

VORSCHRIFTEN giebt man jedem Schreiber in Quart, und den Anfängern in Octav- Blätter, alle sind deütlich corrent geschrieben, mit einer so genannten CANZLEY Zielen, mit deütsch und lat. Alphabethen und mit Zahlen versehen. Der Jnnhalt davon ist allmählich etwas Erbauliches oder Lehrreiches. Zum B. Denksprüch, aus der Bibel, Psalmenbuch, Bachofen gedichte; mithin auch etwas von der Naturlehr, und bisweilen werden die besten Schreiber auch zum Übersezen aus dem Gedrukten angehalten.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Vormittag von 8 bis 11 — Nachm. von 1. bis 4 Uhr, also des Tags 6 Stunden

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Nichts klassifiziert.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Der Schulmstr. wird bestellt von semtlichen Schulsgenossen durch die Majorität und zwar auf solche Weise: Für das Erste mal muß ein Fremder das Testamon. von seinem Pfr. dem Schul Examen (welches aus dem Pfrr. des Orts und 3 Vorgesezten bestanden) vorweisen; die Prob ablegen; und dann nach erhaltener Erlaubniß öffentlich um dem Dienst bitten: Jm Verfolg der Zeit, muß er alle Jahr mit Erlaubniß vom Pfr. ud. samtl. Schulräthen versehen, um MARTINSTAG sich wiederum anmelden und durch Mehrheit der Stimmen bestätet werden.

III.11.b Wie heißt er?

Der Namme des Schulmr. ist, Barth. Graf, gebürtig von der nächsten angrenzenden Gemeind Wolfh.

III.11.c Wo ist er her?
III.11.d Wie alt?

37 Jahr alt hat, ein Weib ud. 2 Kinder

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?
III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

5 Jahr Sch. Lehrer am Ort, vorher auf Wolfhalden

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?
III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Die Verrichtungen neben der Schularbeit, sind von keiner Bedeutung

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

Die Anzahl der Schulkinder steigt von der mindesten Anzahl bis auf 100 und auch darüber — je nach dem der Zeitpunkt, die Jahrszeit und die Witterung sich verhält

III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Jm Winter 50 bis 70. und dann

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)

Sommerszeit nach dem Verhältniß der Zeit, mehr
alle mal 2 Knaben gegen ein Mädchen

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

Die Schul hat einen eigenen Fond, die Stärke desselben belaufft sich in allem auf fl. 2400 — Capital u Zinße.

IV.13.b Wie stark ist er?
IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?

||[Seite 3] Hat seinen Ursprung und Aufkommen von freywilligen Beyträgen und Vermächtnissen der Schulsgenossen.

IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?
IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Nichts dergleichen eingeführt, alle KINDER in der Rhod seßhafft werden gratis geschulet.

IV.15 Schulhaus.
IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

Das Schulhaus stehet im Dorf, ist alt und baufällig, darvon gehört das unterste Stokwerk und das Vorhaus der ganzen Gemeind — Die Schul- und Wohnstube nebst 2 Kammern, gehört den Schulsgnossen alleinig, jeder Theil {wird} von den Antheilhabern {unterhalten} und der Schulmstr wohnt darinn.

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?
IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Das Schulhaus stehet im Dorf, ist alt und baufällig, darvon gehört das unterste Stokwerk und das Vorhaus der ganzen Gemeind — Die Schul- und Wohnstube nebst 2 Kammern, gehört den Schulsgnossen alleinig, jeder Theil {wird} von den Antheilhabern {unterhalten} und der Schulmstr wohnt darinn.

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

Das Einkommen oder die Belohnung des Schulmeisters ist wöchentlich Zwäy GULDEN an baarem Geld — nebst freyer Wohnung.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus

Das Solarium des Schulm. fließt lediglich von dem Interesse des Schulguts.

IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?
IV.16.B.b Schulgeldern?
IV.16.B.c Stiftungen?

Das Solarium des Schulm. fließt lediglich von dem Interesse des Schulguts.

IV.16.B.d Gemeindekassen?
IV.16.B.e Kirchengütern?
IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?
IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

ANMERKUNG.
Niemanden mag es besser bekannt seyn, als einem Schulmann, wie viel aus Mangel an guter Einrichtung und Unterstüzung der Schulen an den zarten Pflanzen der l. Jugend versäümt wird; und wie viel Nüzliches und Erbauliches durch gute Anstalten und Einrichtungen eingeführt, und der l. Jugend beygebracht werden kan Und jeder Vernünfftige, siehet die Verbesserung des Unterrichts in den Schulen, für eine heilsame und nüzliche Sache, an, damit die Jugend frühe einen guten Grund heilsammer Erkäntniß, legen, und zu einer vernünfftigen, schönen und ein freyes Volk zierendin Denkungsart gebildet werden möge. Durch gute Lehr, und Erziehungsanstalten können Einwohner eines Landes ins Aufnehmen gebracht und zur zeitlichen und ewigen Glükseligkeit befördert werden. Glükselig ist also ein LAND ud. VOLK wenn Väter und VORSTEHERE deßselben ihre wohlthätigen Absichten auf durchgängige Verbesserung der Schulen richten; welch löbliches Werk auf viele Schulen anwendbar seyn kan. Die Art und Weise aber, wie dieses Werk vor die Hand zunehmen seye wird zu seiner Zeit, wohl ausfundig gemacht werden
Und o! wie mach mancher Schulmann würde sich freüen, allen seinen Fleiß zuverdoppeln; alles Mögliche zu lernen, und allen Kräfften aufzubieten, wenn ihme eine Verhältnißmässige Belohnung nach seinem Bedürfftniß zugedacht würde. Als dann würde ein jeder des Verdiensts würdig, in seinem Würkungskreiß thätig, der Jugend und dem Staat nüzlich seyn wollen.

Unterschrift

So denkt nach seiner Uberzeugung
Schlmr. Graf
Heiden den 22ten Febr. 99.

Zitierempfehlung: